Entstehungszeit: (?)
Das weiträumige, dreiteilig angelegte Stück (Fantasie/ Fuge/ Schlußtokkata) ist oft als eher dem Pedalcembalo zuzuweisende Komposition definiert worden. Es auch auf der Orgel zu spielen, ist aber durchaus nicht stilwidrig. Die Tatsache, daß die Autorschaft Bachs – weniger der spärlichen Quellenlage als seiner stilistischen Ambivalenzen wegen – immer wieder in Zweifel gezogen wurde, hat dazu geführt, daß das Werk in der Regel völlig unbeachtet bleibt. Ausgefeilte und zügige Wiedergabe vorausgesetzt, kann diese Musik aber recht effektvoll und ansprechend auf den Hörer wirken.
Die Fantasie bietet nach Art des Pachelbelschen Tokkatenstils – meist über lang ausgehaltenen Orgelpunkten des Pedals – schnelle Arpeggien und Läufe, die dem Spieler Gelegenheit geben, Fingerfertigkeit zu demonstrieren. Kurz kadenzierende Akkordschläge interpunktieren den Ablauf. Das letzte Drittel erinnert besonders deutlich an Pachelbel (lange Sechzehntelketten in Terz- oder Sextparallelen, Akkordzerlegungen in Zweiunddreißigsteln).
Die Manualiterfuge befaßt sich in kontrapunktisch nicht gerade atemberaubender Weise mit folgendem, munterem Thema:
Seine Ausstrahlung ist stark genug, um eine insgesamt doch lebendige Atmosphäre aufkommenzu lassen, die durch Tonsprache wie Art der Gliederung italienischen Einfluß verrät. Nicht ohne Reiz ist eine Partie gegen Ende, in der die Sechzehntelmotorik überraschend zum Stehen kommt und absteigende Vorhaltsequenzen (zunächst in Septakkordketten, dann über chromatischem Baß) den Impetus resignativ erlahmen lassen. Doch folgen energisches Sichaufraffen und Rückkehr in den ursprünglichen Tempofluß. Kurz danach ist die Fuge am Ende und die weit ausgesponnene Schlußtokkata setzt auf der Dominante ein. Wieder pedalgestützt, greift sie fürs erste das Figurenwerk der einleitenden Fantasie auf; ein Adagio mit simplen Akkordfolgen, weitere Arpeggien und Läufe, dann ein Recitativo in der Durparallele schließen sich an. Wogende Sechzehnteltriolen der rechten Hand, ein letzter Zweiunddreißigstellauf und ein paar entschiedene Kadenzakkorde bringen das Stück zu Ende.
Sollte dies Stück von Bach sein, so wäre es der einfachen und nicht ganz fehlerfreien Kontrapunktik wegen (Oktavparallelen T. 69!) den Jugendwerken zuzurechnen. Stilistisch gehört es aber eher in eine etwas spätere Zeit, in der Bach sonst längst gekonnter schrieb. Ob das Werk eine von Bach korrigierte Schülerarbeit ist? Das liebenswürdige Thema der Fuge und einige Züge der Fantasieteile lassen an Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar denken, dessen Konzerte Bach ja, z.T. diskret bessernd und erweiternd, für Orgel bzw. Cembalo übertrug (siehe BWV 592/595). Wollte man auf diese Konstellation spekulieren, so würde sich zwanglos erklären, auf welche Weise Bach bei dem Ganzen zumindest seine Hand im Spiel hatte (Arrangement, Unterricht o.ä.) und wieso das Stück dann – analog zu BWV 592/595 – unter seinem Namen überliefert worden ist.
Bedenken hin, Bedenken her: die NBA hat das Werk in ihren Band IV/11 aufgenommen, der vielen Stücken, die solche Authentizitätsfragen aufwerfen, eine Heimstatt bietet, weil “Bachs Autorschaft” für sie “zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen bleibt” (Kritischer Bericht IV/11 2004, S. 14).
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- Zuletzt aktualisiert: 20. Mai 2014
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