Entstehungszeit: (Weimar-Köthen-) Leipzig
Beachten Sie auch die Einführung zu den Triosonaten!
Der monothematisch konzipierte 1.Satz (Vivace; Typus 1, später auch 2) schlägt überaus fröhliche und volkstümlich-heitere Töne an. Das die ersten beiden Male von den Oberstimmen unisono vorgetragene Thema (eine wohlüberlegte Disposition! s.u.)
wird sofort noch einmal auf der Dominante wiederholt. Lustige Dreiklangbrechungen, kanonisch verschränkt,
führen nach Takt 13, wo sich die Oberstimmen zu übermütigem, burlesk-kurzatmigem Tanze steigern. Takt 20/21 schließt dieser einleitende Abschnitt ab. Er hat im Gesamtgefüge die Funktion eines Tuttiritornells und erscheint noch dreimal im Verlauf des Satzes, zuletzt wieder in der Grundtonart und in wörtlicher Wiederholung als Abschluß. Ein sehr hübscher, spezieller formaler Einfall ist es, daß eine achttaktige Phrase, die eingangs dem eben erwähnten Hauptsatz fortsetzend folgt, am Schluß des Gesamtsatzes der Reprise des Hauptsatzes (in Variation) vorangestellt erscheint (s. u.)! Takt 20/21ff. führt diese Phrase von G- nach D-Dur (Dominante); anschließend wird sie mit vertauschten Oberstimmen wiederholt, der Weg geht weiter zur Doppeldominante A-Dur.
Monothematisch wie der Satz angelegt ist, folgt jetzt kein Seitensatz mit neuem Thema, sondern ein 16/17 Takte langes, erholsam auflockerndes Zwischenspiel von liebenswürdigem Reiz
Es ist als dreimal sequenzierende, vier Takte lange homophone Folge konzipiert und wird jedesmal, wenn es wieder auftaucht (neben 37ff noch 85 u. 137ff.), anders ausfiguriert (s.u.).
Nach dem ersten dieser Zwischenspiele ist der Hauptsatz wieder an der Reihe, nunmehr in der Parallele e-moll. Zwei Kunstgriffe lasse sein Wiederauftreten als Steigerung empfinden: erstens gibt Bach das unisono der vier Eingangstakte auf und setzt dem Thema einen Kontrapunkt nicht nur im Baß entgegen, zweitens wird das Thema zu folgender Gestalt intensiviert:
Es folgt nun nicht die Partie, die wir von Takt 21ff. her kennen, vielmehr wird diesmal dem Hauptsatz eine zwölftaktige Partie angeschlossen, in der das Thema –wieder in der ursprünglichen Gestalt– kanonisch imitiert wird, während sich gleichzeitig die Pedalstimme zu lebhafter Bewegung steigert. Danach wieder das Zwischenspiel, das wir Takt 37ff. kennenlernten. Die Dreiklangsfiguration der Manualstimmen ist dieses Mal abwärts gerichtet. Von e-moll ausgehend, endet dieser Abschnitt Takt 101 in h-moll, der Dominantparallele.
Was nun folgt, ist eine ausgreifend imitatorisch intensivierte Variante des Hauptsatzes. Das Thema wird wiederum umgeformt:
Nach acht Takten mit Thema in Alt und Sopran folgt eine Gruppe von zweimal acht Takten, die – bei noch lebhafterer Führung des Pedals – das Dreiklangsmotiv (siehe Notenbeispiel Nr.2) als Ausgangspunkt für zwei identische, nur stimmvertauschte Sequenzketten nehmen. Danach wieder die kanonischen Imitationen des Themas in erster Gestalt, wie wir sie Takt 73ff, kennenlernten. Eine Steigerung seines klanglichen Reizes bietet jetzt das Zwischenspiel in seiner dritten Version (Takt 137): die rechte Hand kehrt zu den aufwärts gerichteten Dreiklangsfigurationen des ersten Males zurück, die linke bleibt bei den gegenläufig abwärts gerichteten des zweiten Males, während der Baß pointiert metrisch “synkopierend” von der ersten auf die zweite Takthälfte versetzt erscheint. Die Sequenzen dieses Abschnitts leiten von a-moll nach D-Dur, also in die Dominante, die auf einem Orgelpunkt festgehalten wird (Doppelpunktwirkung auf die Schlußreprise hin). Darüber hören wir – worauf eingangs schon hingewiesen wurde – eine Variante des Takt 21ff. gebotenen Materials, diesmal ohne Wiederholung, mit vertauschten Stimmen, und zwar hier vor dem Hauptsatz.
Bach ist mit diesem aus einem Thema entwickelten Satz formal und musikalisch ein außerordentlicher, begeisternder Wurf gelungen. Die Proportionen sind in Zusammenfassung folgende:
1.: | 36 | Takte | Hauptsatz und Weiterführung |
2.: | 16 | Takte | Zwischenspiel |
3.: | 32 | Takte | Hauptsatz und kanonische Imitationen |
4.: | 16 | Takte | Zwischenspiel |
5.: | 36 | Takte | Hauptsatzvariation und kanonische Imitationen |
6.: | 16 | Takte | Zwischenspiel |
7.: | 28 | Takte | Weiterführung (s.1) und Hauptsatz |
Formal einer der einfachsten langsamen Sätze innerhalb dieses Sonatenzyklus, bietet der 2.Satz (e-moll, Lento; Typus 2) ein versponnen-expressiv imitierendes Duo über einem Baß, der sich gelegentlich vom Rhythmus des Themenkopfes “infizieren” läßt. Das Thema lautet:
Die Gesamtform ist die eines Liedes || : A : || : BA : ||
Teil A beginnt mit dem Thema und seiner realen Beantwortung auf der Dominante, der eine achttaktige Fortspinnung folgt. Das erste Mal führt er von e-moll in die Molldominante h-moll, das zweite Mal von der Subdominante a-moll zurück nach e-moll, wobei natürlich die Oberstimmen gegeneinander ausgetauscht sind. Teil B umfaßt acht Takte, die über pochendem Baß einen neuen Einfall durchimitieren, sodann im Alt eine extreme Auskolorierung des Themenkopfes bieten. Die rhythmisch-lineare, mehr noch die harmonische Führung und Fügung zumal der Oberstimmen ist kühn, ungewöhnlich, versteigt sich auf originelle Pfade (der “schwere” Bach!). Dabei spielen der verminderte Septakkord und Chromatik eine prägende Rolle.
Im 3.Satz (Allegro; Typus 3) klart der musikalische Himmel nach diesem elegisch umwölkten Zwischenspiel wieder zu voller Heiterkeit auf. Das erste Thema
wird fugenartig behandelt. Für auflockernden Kontrast sorgt ein zweites Thema, das in seiner ersten Hälfte rein homophon-figurativ konzipiert ist, dessen mehr lineare Weiterführung sich später kontrapunktisoh verselbständigt:
Der formale Ablauf stellt sich so dar:Takt 1-18:
- Konzertfugenhafter Hauptsatz (Thema 1). Nach den ersten beiden Themeneinsätzen (Alt-Sopran) imitieren sich figurierte Dominantseptakkorde (Doppeldominante und Dominante) als Zwischenspiel. Dann übernimmt der Baß die Führung: dreimal erklingt das Thema (von g, e und c aus), schwer zu erkennen, weil dem Einsatz keine vorbereitende Pause vorangeht und das Thema selbst vereinfacht wird, um es auf dem Pedal spielbar zu machen:
Liebenswürdig dreiklangbetonte Melodik kennzeichnet die letzten vier Takte, in denen das Thema noch einmal im Alt erscheint.
- Takt 18/19-52 (=34 Takte): Das zweite Thema wird vorgestellt, die Hauptstimme zunächst im Alt (e-moll), dann im Sopran (h-moll), anschließend ist – ein hübscher Einfall – das Themenende (s.o.) konstruktive Grundlage (“alternierende Imitation”, siehe Sonate V/1, Mittelteil). Wie stets in Bachs Seitensätzen, mischt sich dann das erste Thema wieder ein, und zwar steigernd, mit Engführung der Themenköpfe (Takte 31/32 und 33/34). Vom Beispiel des zweiten Themas offenbar angeregt, stellt auch das erste Thema, das mit seinem letzten Einsatz wieder vollständig zu hören war, sein Themenende als Motivmaterial zur Verfügung! Die Oberstimmen vertauscht, in umgekehrter tonartlicher Reihenfolge (h-moll/ e-moll), meldet sich wiederum das zweite Thema zweimal. Die Fortspinnung zehrt nochmals vom Themenende, aber in weitaus dichterer, steigernder Art und Weise (Takte 48/49ff.), über unerbittlich bis zum tiefen C hinabsteigender Pedalstimme. Es wird ganz deutlich, daß es auf einen formalen Wendepunkt zugeht, und in der Tat: in dem Moment, da der Baß das tiefe C erreicht hat, setzt der Sopran – unauffällig eingewoben – mit Thema 1 ein und eröffnet damit den (die Takte 53-77 (= 26 Takte) umfassenden Schlußteil, der sich als entfaltete Fassung des Hauptsatzes (also Teil 1) erweist. Ungewöhnlich ist, trotz der guten Vorbereitung zum tiefen C hin, seine Einführung über die Subdominante (vgl. aber Dacapo-Anschluß in III/3). Der Inhalt der Takte 1-7/8 wird durch Wiederholungen in verschiedenen Tonarten auf das Doppelte gedehnt, dann schließt sich der Rest – ab Baßeinsatz – als wörtliche Wiederholung an (vgl. ähnliche schlußbildende Technik in II/3 und IV/3).
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- Zuletzt aktualisiert: 18. Mai 2014
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